Rezept der Woche: Die Meere sind überfischt. Wir zeigen Ihnen, was Sie aus heimischen Fischen zaubern können

2022-10-08 21:35:53 By : Ms. jiaxuan zq

Räucheraal, Saibling und Karpfen. Süßwasserfische schaffen es selten auf den Tisch. Es dominieren Lachs, Fischstäbchen und Schlemmerfilet. Diese Rezepte feiern unsere heimischen Fische.

Was sich aktuell so in den Ozeanen unseres Planeten abspielt (oder eben nicht mehr abspielt) ist dem Großteil der Weltbevölkerung wohl nicht en detail bekannt. Dass dort viel Schindluder getrieben wird und dieser einzigartige Lebensraum schützenwert ist, das ist jedoch im kollektiven Gewissen, wenn man es so nennen mag, durchaus präsent. Im Alltag schnappen wir immer wieder Informationsfragmente auf über allerlei Geschehnisse wie beispielsweise Überfischung, verunglückte Öltanker, gewaltige Plastikinseln, kaputtgefischte Meeresböden.

Die Liste der Abscheulichkeiten, die besonders in internationalen Gewässern begangen werden, ist facettenreich und sehr sehr lang. Was sich jedoch in unseren Süßgewässern abspielt, unseren schönen Seen und Flüssen wie dem Bodensee, der Müritz, dem Schaalsee, dem Rhein, der Spree oder Havel, das ist dem durchschnittlich kultivierten Großstädter wohl kaum noch bewusst. Aus Schultagen wissen wir noch, welcher der größte See Deutschlands ist und welcher der längste Fluss.

Beim größten See und längsten Fluss Brandenburgs hört es jedoch bei den meisten schon auf. Wie diese Gewässer genutzt werden zum Beispiel für die Binnenschifffahrt, welche Industriehäfen es gibt und welche Güter transportiert werden, ob und wie noch Fischerei betrieben wird oder gar in welchen Abständen Wasserqualitäten kontrolliert werden, das weiß doch kaum jemand von uns.

Oder anders ausgedrückt, interessiert es uns wirklich? Schließlich greifen die meisten von uns im Supermarkt zu Zuchtlachs, Alaska-Seelachs oder Schlemmerfilet von Iglo. Aber wer kennt schon die besten Räuchereien um Berlin oder weiß, dass im Schaalsee (einem der tiefsten Seen bundesweit) riesige Maränenschwärme schwimmen, deren einzelne kleine Fische geräuchert wunderbar schmecken? 

Die aktuellen Geschehnisse in der Oder rütteln uns vielleicht wieder wach, vielleicht zeigen die Bilder von tonnenweise grausam verreckten Fischen auf, wie artenreich und satt der Lebensraum Süßwasser in Deutschland doch eigentlich (noch) ist. Es wäre zu hoffen, denn die Flüsse sind mit den Weltmeeren verbunden. Sie nähren diese, schaffen Übergangzonen wie das gewaltige Biosphärenreservat Donaudelta. Waren Sie mal dort?

Ist die Antwort nein, dann fahren Sie mal hin! Hat man diese Pracht einmal gesehen, dann denkt man ganz anders darüber nach, wie man mit Wasser und generell der Natur umgehen sollte. Nun aber genug, ich möchte Ihnen ja kein schlechtes Gewissen machen. Und mir auch nicht. Vielmehr möchte ich dafür werben, den Lebensraum einiger fantastischer Speisefische zu schützen, darunter ein paar wunderbare regionale Spezialitäten.

Die bildschönen Kulturlandschaften Fluss und Binnensee sind nämlich nicht nur Naherholungsgebiete für den gestressten oder verkaterten Urbanisten, sie erfüllen darüber hinaus viele andere Zwecke und sind nicht zuletzt eben auch der Lebensraum für Forellen, Saiblinge, Hechte, Zander, Karpfen, Flussbarsche, Aale, Störe, Waller und einige wenige übrig gebliebene wilde atlantische Lachse. Und Flusskrebse, denken Sie doch nur mal an unser Leipziger Allerlei. Aber auch mit diesem Krustentier ist die Liste noch lange nicht am Ende, es gibt wirklich ein Vielzahl von Arten.

Gehen Sie die Liste noch einmal durch und fragen Sie sich, wie viele der Fische Sie regelmäßig essen. Wann haben Sie das letzte Mal einen Fisch aus deutschen Binnengewässern gegessen? So viele werden es wohl nicht sein. Dabei gibt es in Brandenburg einige ausgezeichnete Fischereien und Räuchereien, die allerhand anbieten.

Um die Weltmeere zu schonen und den Binnengewässern wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken, sollten Sie also etwas Seefisch mit regionalem Süßwasserfisch substituieren. Die lokalen Fischer werden Ihnen danken. Viele gibt es nicht mehr, denn aufgrund des stark reduzierten Konsums und des Überangebots von billigem Seefisch und widerlichem Zuchtlachs lohnt sich die Arbeit nicht mehr wirklich. So viel verschenktes Potenzial. Schande!

Aber nun zurück zum Essen. Damit Sie auch wissen, was Sie dann mit dem Fisch so anstellen können, zwei simple und leichte Rezepte für Sie:

Zutaten (für 2 Personen): 2 frische Saiblingsfilets ohne Haut (Achten Sie auf die Größe, die kann stark variieren), 100 g Pfifferlinge, 1/3 Gurke, Schnittlauch, etwa 1-2 Scheiben altes Weißbrot oder Toastbrot, 4 EL Rapsöl (kalt gepresst), 1 EL Weißweinessig, 1 EL Senf, 1 EL Honig, Salz, Pfeffer, 1 EL Butter.

Zubereitung: Wir bereiten wie immer alles wunderbar vor. Frank Rosin hätte nichts auszusetzen, würde er Sie kontrollieren. Wir waschen alles ordentlich und beginnen dann schnell mit der Vinaigrette. Wir mischen dafür das Rapsöl, Essig, Senf und Honig und schmecken mit Salz und Pfeffer ab.

Dann schälen wir die Gurke, halbieren sie und entkernen sie. Wir behalten die saftige Kernflüssigkeit jedoch, mischen sie mit der Vinaigrette. Das ist schön frisch und wir haben keine Abfälle. Die Gurke schneiden wir dann in kleine Würfel, etwa 1 Zentimeter groß.  Alles mit der Vinaigrette vermengen und zur Seite stellen.

Nun die Croutons: Wir schneiden aus dem Brot kleine Würfel, nicht zu grob, und braten diese in Butterschmalz oder Öl, bis wir goldbraune Croutons haben. Dafür nicht zu viel Hitze benutzen, gut Ding braucht Weile. Und Salzen nicht vergessen. Sind die Croutons fertig, kommen sie auf ein Küchenpapier und gehen ebenfalls zur Seite. Den Schnittlauch schneiden wir in sehr feine Röhrchen und stellen ihn auch zur Seite.

Nun wird es aufregend, denn wir braten die Pfifferlinge. Wer mag, kann noch etwas Speck und Zwiebel dazu tun. Grundsätzlich werden sie mit viel Hitze in Öl gebraten und erst am Ende gesalzen (sonst wässern sie!). Parallel dazu garen wir den Saibling, diesen jedoch mit weniger Hitze. Etwas gesalzen und gepfeffert wird er bei niedriger Temperatur, in leicht schäumender Butter, gegart.

Nun kommt alles zusammen, wir mischen also den Gurkensalat mit den warmen Pilzen und geben den Schnittlauch dazu. Dieser lauwarme Salat kommt auf einen Teller, obenauf der sanft gegarte Saibling und die Croutons. Voila! Dazu passt wunderbar ein eiskalter Riesling.

Abwandlung: Dieser Klassiker stammt aus dem Vendôme in Bergisch-Gladbach. Ich mache mir einen ähnlichen Salat wie oben mit geräuchertem Saibling oder Forelle. Dazu brate ich die Pfifferlinge mit Speck in Butter und Rapsöl an, lösche das Ganze mit einem Glas Weißweinessig ab, vermenge alles mit grünem, knackigem Salat und ebenfalls Croutons. Anschließend würze ich mit Salz und Pfeffer und gebe Stücke von Räucherfisch und einen großen Löffel Saiblingskaviar darauf. Himmlisch!

Zutaten (für 2 Personen): ½ geräucherter Aal oder eine geräucherte Forelle, 2 Eier, Rote Bete (bereits gekocht), 2 EL Schmand, 1 EL grober Senf, Dill, Kerbel, Estragon, Salz und Pfeffer.

Zubereitung: Diese Speise ist deutlich simpler. Wir müssen nur alles in schöne mundgerechte Stücke schneiden und die Kräuter zupfen sowie den Schmand mit dem Senf mischen.

Haben Sie also mundgerechte Stücke von Roter Bete und Fisch, dann geben Sie diese abwechselnd und ein wenig unsymmetrisch auf einen Teller. In die Freiräume geben Sie mit einem Teelöffel immer wieder etwas von dem Senf-Schmand. Dann verteilen wir die gezupften Kräuter darüber sowie etwas Salz und Pfeffer. Einfach! Wenn Sie möchten, dann essen Sie dazu etwas Pumpernickel mit Butter und frischen Meerrettich. Und trinken? Ein kaltes Bier!

Dieses Rezept ist spektakulär und dabei so einfach, dass Sie es kaum glauben können. Ausgedacht haben wir es uns bei einem Kochwochenende im Wald. Wir hatten schon gegrillt und noch einen ganzen frischen Aal über. Einer meiner Freunde sagte: Ich liebe Aal mit Teriyaki-Soße beim Japaner. Ich habe kurz überlegt und herausgekommen ist dieses Kleinod. Stichwort: German Teriyaki!

Zutaten (für 4 Personen): 1 frischer Aal (schon getötet, selber töten ist kein Spaß), große Brennnesselblätter (selber gepflückt), Apfelessig, Rübensirup (Grafschafter Goldsaft), Tempurateig, Wasser, Salz, Pfeffer, Schnittlauch. 

Zubereitung: Filetieren Sie Ihren Aal und schneiden Sie die Filets in mundgerechte Stücke (drei mal drei Zentimeter). Mischen Sie Apfelessig mit Rübensirup eins zu eins. Tauchen Sie die Aal-Stücke in diese Teriyakisoße und grillen Sie sie gar. Dabei immer schön mit der Soße bepinseln. Der Zucker karamellisiert und der Essig gibt Bumms.

Während einer Ihrer Freunde den Aal grillt, machen Sie einen schönen Tempura-Teig. Einfach das Pulver (bekommt man im Asia-Shop) mit Wasser anrühren und die Brennnesselblätter mit einer Pinzette durchziehen und in heißem Fett für eine Minute frittieren. Zum Anrichten den Aal auf das lauwarme und krosse Blatt legen, mit Schnittlauch garnieren und mit einem Happs verspeisen. So edel!

Haben Sie Fragen zu unseren Rezepten, Ideen und Wünsche für Geschichten oder einen Restauranttipp für uns? Dann schreiben Sie uns per E-Mail: briefe@berliner-zeitung.de

Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.