Von Christ & Gantenbein bis Diener & Diener: Alle Wettbewerbsbeiträge für den «MAB Campus 2040» - ArchitekturBasel

2022-10-08 19:53:32 By : Ms. YZ BAIYA

Die Jury war hochkarätig. Namentlich gehörten ihr Pierre de Meuron, Paola Maranta, Céline Baumann und Kantonsbaumeister Beat Aeberhard an. Ebenso hochstehend war das Teilnehmerfeld: Mit Diener & Diener, Christ & Gantenbein, Luca Selva und Harry Gugger, war beim Wettbewerb für den neuen Campus der Musikakademie alles dabei, was Rang und Namen hat. Am Ende folgte die grosse Überraschung: Das Nachswuchsteam vom Architecture Club schlug die arrivierte Konkurrenz. Grund genug, einen Blick auf alle Wettbewerbsbeiträge zu werfen.

Worum ging es beim Wettbewerb? Die Musik-Akademie Basel möchte «Hochschulkultur in der historischen Kernstadt verankern». Sie steht vor der Herausforderung, die aktuellen Entwicklungen in der musikalischen Bildung und Ausbildung nachzuvollziehen und dafür die notwendigen Infrastrukturen und Räume bereit zu stellen. Die Erweiterung zu einem neuen Campus – dem «MAB Campus 2040» – am heutigen Standort mitten in der Stadt Basel war deshalb eine aussergewöhnliche Aufgabe. Das geplante Projekt sei «von zentraler Bedeutung für die Musik-Akademie» und deshalb ein «dringendes Bedürfnis», heisst es im Jurybericht. Insbesondere soll damit der Hochschulstandort der Musik-Akademie Basel zusammen mit der Hochschule für Musik der Fachhochschule Nordwestschweiz in der Innenstadt gesichert werden. Der Studienauftrag umfasste die zeitgemässe Sanierung der historischen Bestandsbauten, die Erweiterung durch eine neue «Salle Modulable (frz.)», sowie den zusätzlichen Raumbedarf. Die Entwicklung diene «der Sicherung einer bedeutenden kulturellen und innerstädtischen Nutzung». Der Umgang mit historischen Bauten im Kontext der Altstadt, sowie der bereits existierende und laufende Betrieb der Nutzungen stellen eine grosse Herausforderung für die beabsichtigte Erweiterung und Entwicklung dar.

Die nachfolgenden Projektbeschriebe stammen aus dem Schlussbericht des Studienauftrags.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Architecture Club

Der Beitrag des Teams Architecture Club unterscheidet und differenziert die beiden Hofräume südlich und nördlich des Hautgebäudes der Musik-Akademie. Die beiden Freiräume werden miteinander verknüpft und der Zugang zum Campus geöffnet. In Nord-Süd-Richtung durchquert ein trompetenförmiger Durchgang das Hauptgebäude im Rhythmiksaal. Vom Leonhardsgraben gelangt man über zwei grosse, seitlich angeordnete und mineralisch gefasste Tore in den Innenhof im Norden. Alle Gebäude sind unterirdisch verbunden.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Architecture Club

Im Nordhof soll ein «experimenteller Hof» entstehen. Die bestehende, weitgehend unterirdische Bibliothek wird mit einem prägnanten Neubau überbaut sowie das Haus 5 aufgestockt und zum Leonhardsgraben hin erweitert. Der Neubau über der Bibliothek soll mit seiner Höhe bewusst ein Zeichen setzten, das auch ausserhalb des Campus wahrgenommen werden kann. Das Erdgeschoss des Neubaus ist als offener Raum mit hoher Aufenthaltsqualität konzipiert. Das «Aussenfoyer» dient sowohl als Aufenthaltsund Begegnungszone wie auch zur Anlieferung vom Steinengraben her. Auch Konzerte, Performances oder informelle Events können dort stattfinden. Das Foyer liegt über dem Dach der Bibliothek auf Höhe des Zugangs zum Hauptgebäude und ist über eine Rampe vom Leonhardsgraben her erreichbar. Im Neubau über der Bibliothek befindet sich die Salle Modulable mit den Nebenräumen und darüber die grossen Ensemble- und Studioräume, sowie der Rhythmiksaal. Die Salle Modulable ist als introvertierter Raum ohne Blickbeziehungen gegen aussen konzipiert. Regieraum und Tonstudio haben Sichtkontakt zum Saal, während der Backstage-Bereich und die Lager in den Untergeschossen untergebracht sind. Von den Musik- und Unterrichtsräumen in den Obergeschossen bietet sich ein famoser Ausblick über die Dächer von Basel. Das Tragwerk besteht aus Pfeilern und Wänden, welche die Lasten der Obergeschosse mit einem Tisch abfangen. Auf der Betonkonstruktion steht ein Holzfachwerk, das die Obergeschosse trägt. Die leicht angeschrägte Fassade ist wie eine Kappe über das Gebäude gestülpt und mit Photovoltaikziegeln verkleidet. Sie wirkt geheimnisvoll und verbindet sich mit dem, den Campus prägenden Dach des Hauptgebäudes. Das einbündige Haus 5 wird erhalten, bis zur Grundstücksgrenze in den oberen Geschossen erweitert und aufgestockt. Die Erweiterung am Leonhardsgraben ist mit einer Ganzglasfassade verkleidet. Das Beurteilungsgremium schätzt diesen Ansatz als eigenständigen Ausdruck der Musik-Akademie. Zwei seitliche, offene Zugänge durch das Haus 5 erschliessen den Campus hindernisfrei und geben mit ihren Durchbrüchen ähnlich einem Gehörgang der Musik-Akademie das gewünschte neue Gesicht zur Tramhaltestelle am Leonhardsgraben. Zusammen mit dem neuen Durchgang zwischen Akademiehof und Moser-Garten schaffen sie interessante fussläufige Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Freiräumen des Campus der Musik-Akademie.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Architecture Club

Der Akademiehof bleibt als «klassischer Hof» mit einer guten Aufenthaltsqualität erhalten und wird gegen Osten zum Garten des Hauses 2 erweitert. Die Cafeteria im Erdgeschoss des Hauses 7 bildet dabei ein Scharnier zwischen den beiden Aussenräumen. Das Haus 7 erhält ein Annex auf dem Grundstück des Hauses 2 mit Treppe und Lift. Im ausgebauten Dachgeschoss werden zusätzliche Musikzimmer geschaffen, die über Dachgauben belichtet sind. Hier sind vorwiegend kleinere Musikzimmer untergebracht. In zweiter Priorität soll das Haus 9 durch einen Neubau ersetzt werden. Der Grosse Saal wird freigestellt. Der Neubau übernimmt die Traufhöhe des Hauptgebäudes und enthält vor allem grosse Räume.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Architecture Club

Der Beitrag besticht durch eine präzise Lektüre des Ortes. Das Projekt ist sorgfältig aus der DNA des Campus der Musik-Akademie heraus entwickelt und geht respektvoll mit dem Bestand um. Die beiden Höfe im Süden und Norden sind plausibel verknüpft und die unterschiedlichen Niveaus nachvollziehbar verbunden. Das Herzstück des Entwurfs ist das «Aussenfoyer » der gedeckte Aussenraum zwischen Bibliothek und der Salle Modulable. Dieser zusätzliche Aufenthalts- und Begegnungsort bietet neben dem Akademiehof im Süden mit Rasenflächen und gepflasterten Bereichen im Norden einen experimentellen, attraktiven neuen Freiraum. Die diagonalen Blickbezüge im Erdgeschoss machen aus dem Innenhof einen grosszügigen Ort. Zudem wird der bestehende Zugang zur Bibliothek geschickt mit der vertikalen Erschliessung des Neubaus verbunden. Der Projektvorschlag überrascht auf vielen Ebenen mit unerwarteten Lösungen. Dazu gehört nicht nur das «Aussenfoyer» mit einer hohen Aufenthaltsqualität sondern auch die strukturierte Glasfassade zum Leonhardsgraben, welche die Musik-Akademie als öffentliche Institution selbstbewusst gegen aussen repräsentiert. Der Entwurf setzt ein wichtiges Signal für die Weiterentwicklung des Campus der Musik-Akademie. Wo immer möglich und sinnvoll wird der Bestand erhalten, transformiert und erweitert. Zudem zeichnet sich der Beitrag durch einen haushälterischen Umgang mit vorhandenen und zusätzlich aufzubringenden Ressourcen aus und gibt intelligente Antworten auf die sozialen, ökonomischen und ökologischen Erwartungen und Anforderungen der Musik-Akademie. Er ist im besten Sinne des Wortes nachhaltig.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Christ & Gantenbein

Der Beitrag des Teams von Christ & Gantenbein sieht einen dominanten Neubau über der bestehenden Bibliothek und eine Erweiterung des Hauses 5 am Leonhardsgraben vor. In zweiter Priorität soll das Haus 9 durch einen Neubau ersetzt werden. Die Erschliessung vom Leonhardsgraben erhält mehr Gewicht, indem der bestehende Durchgang auf der ganzen Höhe mit einer bombierten Wand aufgebrochen wird. Die Verbindung von Süd nach Nord wird mit einem bedeutenden Eingriff durch den Rhythmiksaal hergestellt, dem das Instrumentenlager, das Stimmzimmer und die neue Orgel des Kleinen Saals zum Opfer fallen.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Christ & Gantenbein

Die Aufstockung der bestehenden Bibliothek mit den angeschrägten Fassaden zur besseren Belichtung der Zwischenräume wirkt wie ein grosses Dach. Mit der Verkleidung aus farbbeschichteten gewellten Faserzementplatten soll der Eindruck eines leichten Pavillons erzeugt werden. Das Haus in der zweiten Reihe lässt sich auf verschiedene Arten lesen, als überdimensionierter Gartenpavillon oder als industrielles/experimentelles Gebäude. Die Öffnungen in der Fassade lassen sich mit Klappläden aus Faserzementplatten öffnen und schliessen. Die Salle Modulable ist zusammen mit der Probebühne im Erdgeschoss angeordnet. Darüber befinden sich die grossen Musikräume. Im Dachgeschoss ist der Lesesaal der Bibliothek untergebracht mit einem weiten Blick über die Basler Altstadt. Zwei Kerne mit Treppen und Lift erschliessen die Obergeschosse. Das Haus 5 am Leonhardsgraben wird erweitert und aufgestockt. Im Erdgeschoss befindet sich ein zweigeschossiges Foyer mit grossen Fensterfronten zum Leonhardsgraben, die Einblicke in den Betrieb der Musik-Akademie geben. Das Manko der niedrigen Räume im Bestand wird durch höhere Musikräume in der Aufstockung teilweise kompensiert.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Christ & Gantenbein

In den historischen Häusern 2, 4 und 7 gibt es weder äussere Eingriffe noch bauliche Veränderungen. Es sind lediglich drei neue Aufzüge zur Verbesserung der Zugänglichkeit und neue Innenverkleidungen vorgesehen, wobei die denkmalgeschützten Elemente unangetastet bleiben. Das Haus 9 soll mittelfristig durch einen Neubau ersetzt werden. Die Höhe des langgestreckten, Quaders überragt den Dachfirst des Hauptgebäudes. Das neue Gebäude bildet den Hintergrund für den Grossen Saal und verbindet die Nord- und Südbereiche direkt mit einer ruhigen, regelmässigen Fassade. Das Stimmzimmer des Grossen Saals soll abgebrochen werden.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Christ & Gantenbein

Das Beurteilungsgremium würdigt den Ansatz, mit den beiden Neubauten nur bereits bebautes Gebiet zu beanspruchen: in erster Priorität die Aufstockung der Bibliothek und in zweiter Priorität der Neubau als Ersatz für das Haus 9. Der Versuch, mit dem Durchbruch durch den Anbau des Hauptgebäudes eine freie Zirkulation auf Ebene Erdgeschoss im Campus zu ermöglichen, ist grundsätzlich richtig, überzeugt aber in der vorgeschlagenen Form nicht. Die Erweiterung des Hauses 5 am Leonhardsgraben ist massvoll und bietet mit dem zweigeschossigen Foyer im Erdgeschoss einen überzeugenden Aufenthalts- und Begegnungsort mit räumlicher Qualität an. Der freie Durchgang hingegen kann nicht überzeugen. Auch fehlt ein wünschenswerter Sichtbezug zwischen Durchgang und Foyer. Der Neubau über der Bibliothek weist einen grossen Fussabdruck auf, der zu beengten Verhältnissen im Hof führt. Durch die Anordnung der Salle Modulable im Erdgeschoss und die unerwünschte Tageslichtsituation im Saal entsteht ein geschlossenes, undurchlässiges Erdgeschoss, das wenig zur Belebung der Umgebung beiträgt. Der Lesesaal im Dachgeschoss des Neubaus hingegen mit Ausblick über die Stadt Basel überzeugt. Der industrielle Charakter der Fassade mit einer Verkleidung aus gewellten Faserzementplatten und Klappläden wirkt in dieser Umgebung fremd und schafft es nicht, aus dem grossen Volumen einen leichten Pavillon zu machen.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Diener & Diener

Der Beitrag des Teams von Diener & Diener Architekten respektiert die Trauf- und Giebelhöhen des Bestandes und fügt sich dadurch vorbildlich in die umgebende Bebauung ein. Dies hat jedoch zur Folge, dass viel Nutzung in den Untergeschossen untergebracht werden muss und das Haus 5 am Leonhardsgraben deswegen durch einen Neubau komplett ersetzt werden muss. Vorgesehen sind drei Neubauten am Leonhardsgraben, über der Bibliothek und ein Ersatz des Hauses 9 in zweiter Priorität.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Diener & Diener

Die beiden Neubauten im Norden gehen eine enge Symbiose ein. Der Neubau am Leonhardsgraben bildet zusammen mit dem Neubau über der Bibliothek einen schmalen «Logenhof», der drei Untergeschosse hinabreicht. Dadurch werden die unterirdischen Räume natürlich belichtet. Die Bibliothek bleibt integral erhalten. Die Salle Modulable ist in das Dach der Aufstockung über der Bibliothek integriert und wird durch eine Tischabfangung abgestützt. Das Dach ist mit Photovoltaikelementen verkleidet. Das Entrée dockt an den Kleinen Saal an und vermittelt zwischen den beiden Niveaus des Leonhardsgrabens und dem Hintereingang zum Hauptgebäude. Um das Raumprogramm der ersten Priorität im Nordareal unterzubringen wird das Haus 5 am Leonhardsgraben durch einen Neubau ersetzt. Ein schmaler, tiefer «Logenhof» zwischen Bibliothek und Haus 5 belichtet auch Räume in den drei Untergeschossen wie beispielsweise den Rhythmikraum. Die Bibliothek wird bis zum Boden verglast und mit Collagen Christian Marclays ausgestattet. Gegenüber liegen die Übungsräume im Ersatzbau, die auf den «Logenhof » orientiert sind. Der «Logenhof» ist als Aufenthalts- und Veranstaltungsort, als aussenräumliche Entsprechung der Salle Modulable, konzipiert. Der Neubau für das Haus 5 am Leonhardsgraben springt im Eingangsbereich gegenüber dem Strassenraum trichterförmig zurück. Die Loggia führt die Besucher in den Nordhof und dient als offener Wartesaal für die neue Tramhaltestelle «Musik- Akademie».

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Diener & Diener

Das Haus 9 wird aufgestockt. Der lange Quader bildet den neuen Hintergrund des Grossen Saals. Der Neue Saal und der Klaus-Linder-Saal bleiben erhalten. Eine neue, grosszügige Treppenanlage mit Lift erschliesst die Unter- und Obergeschosse. Die Cafeteria ist neu im Haus 10 zur Leonhardsstrasse untergebracht. Die Häuser 2, 4 und 7 werden sanft renoviert. Das Dachgeschoss des Hauses 7 wird zu Musikzimmern ausgebaut.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © Diener & Diener

Die Qualitäten des Beitrags liegen im moderaten Auftritt. Die Neubauten gliedern sich massstäblich gut in den Bestand ein. Das Projekt stellt einen wertvollen Beitrag dar, wie das umfangreiche Raumprogramm im Campus untergebracht werden kann, ohne das Hauptgebäude mit einem neuen dominanten Baukörper zu konkurrenzieren. Alt und Neu stehen in einem geschickt austarierten Gleichgewicht. Allerdings sind dazu drei neue Untergeschosse und ein Neubau am Leonhardsgraben notwendig. Die Salle Modulable liegt im Neubau über der Bibliothek. Der Massivbau mit dem mit Photovoltaik- Kacheln verkleideten Tonnendach überzeugt sowohl gestalterisch, energetisch wie auch akustisch. Zwischen den beiden Neubauten liegt der schmale «Logenhof», welcher bis ins dritte Untergeschoss reicht. Er ist als Aufenthalts- und Veranstaltungsort, als aussenräumliche Entsprechung der Salle Modulable, konzipiert. Die Nutzer erachten die Kuratierung als sehr schwierig und weisen auf die betrieblichen Konflikte mit den angrenzenden Nutzungen hin. Der Nutzen des Hofraumes zur Belichtung der angrenzenden Räume fällt verglichen mit dem grossen baulichen Aufwand relativ bescheiden aus. Der Ausdruck der Fassade des Hauses 5 mit den Klappläden aus Glas wurde kontrovers diskutiert. Er oszilliert zwischen Kontextbezug und einer zeitgenössischen Architektur der leisen Töne. Der lange horizontale Einschnitt im Erdgeschoss wirkt fremd und überdimensioniert. Die geforderten Raumhöhen für die Musikzimmer sind im Neubau am Leonhardsgraben nicht eingehalten. Als grosses Manko dieses Entwurfs erweist sich die erschwerte Zugänglichkeit des Campus. Der Neubau über der Bibliothek kappt den direkten, bestehenden Zugang vom Leonhardsgraben zum Hauptgebäude. Eine hindernisfreie Verbindung in Nord-Süd-Richtung ist nur im Untergeschoss vorgesehen. Das grosse unterirdische Volumen und der dadurch bedingte Rückbau des bestehenden Gebäudes am Leonhardsgraben wirken sich auf die Nachhaltigkeit nachteilig aus.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © ARGE Harry Gugger / Luca Selva

Der Beitrag der Arbeitsgemeinschaft Harry Gugger Studio und Luca Selva ersetzt das Haus 5 am Leonhardsgraben durch einen markanten Neubau mit dem Ziel, den Nordhof weitgehend freizuhalten. Dieser Neubau nimmt alle Räume der ersten Priorität auf. Für die Räume der zweiten Priorität soll ebenfalls ein Neubau anstelle des Hauses 9 erstellt werden. Der Campus der Musik-Akademie ist über das Hof-Portal an der Leonhardsstrasse, über das Gartentor vom Steinengraben und neu über das «Stadtfoyer » vom Leonhardsgraben her zugänglich. Akademie- und Nordhof sind über das Foyer des Kleinen Saals und den ehemaligen Rhythmiksaal hindernisfrei verbunden. Zusätzlich ist auch eine Verbindung parallel zum Leonhardsgraben vom Eckensteinhof über den Garten des benachbarten Hotels zum Haus 5 angedacht. Mit einem neuen Verkehrsregime, das den vom Petersgraben kommenden Verkehr über die Lyss abführt, soll sich die Situation zwischen Akademiehof und Leonhards-Schulhaus entspannen. Die Leonhardsstrasse soll zu einer Begegnungszone und der Leonhardsgraben zu einer Einbahnstrasse werden.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © ARGE Harry Gugger / Luca Selva

Zentrales Element des Neubaus am Leonhardsgraben ist das «Stadtfoyer» im Gebäudeinnern. Es bietet Durchblicke und verknüpft die unterschiedlichen Niveaus mit einer halbgeschossig versetzten Treppe (Split Level). Diese Verschachtelung schafft komplexe Raumbezüge über mehrere Geschosse. So auch zum Foyer der Salle Modulable, die im Untergeschoss liegt und mit hochliegenden Fensterbändern vom Leonhardsgraben her belichtet wird. Im Dachgeschoss sind Ensemble- und Ruheräume untergebracht. Das Tragwerk besteht im Untergeschoss aus Beton und in den Obergeschossen aus einer Holzmodulbauweise. Für alle Musikräume ist eine «Hausin- Haus-Konstruktion» vorgesehen. Die Holzfassade ist zur Einbettung in den mineralischen Kontext verputzt. Um die Fassade zu gliedern, ist sie eingekerbt. In dieser Kerbe liegt auch der seitliche Haupteingang. Die Fassade ist bewusst bescheiden im Ausdruck, um die Massstäblichkeit der Umgebung aufzunehmen.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © ARGE Harry Gugger / Luca Selva

Für Haus 2, Haus 4 und Haus 7 werden Nutzungen vorgeschlagen, welche auf die bestehenden Raumstrukturen abgestimmt sind, mit dem Ziel, den Bestand ohne tiefgreifende Eingriffe umzunutzen. Wegen des beachtlichen Raumprogramms und der unflexiblen Struktur des Hauses 9 drängt sich für die Nutzungen mit zweiter Priorität ein Neubau auf. Die bestehende Raumaufteilung wird im Wesentlichen beibehalten. Die Cafeteria und die Treppen bleiben am selben Ort.

Studienauftrag Musik-Akademie Basel «Campus 2040» © ARGE Harry Gugger / Luca Selva

Das Beurteilungsgremium würdigt die klare Strategie, die beiden grossen Aussenräume, den Akademiehof und den Nordhof, frei zu halten. Es sieht auch in einem Neubau am Leonhardsgraben die grosse Chance, der Musik-Akademie im Strassenraum zu einem repräsentativen Auftritt zu verhelfen. Das komplex aufgebaute «Stadtfoyer » weist viele räumliche Qualitäten auf und die betrieblichen Abläufe sind gut gelöst. Der Ansatz scheitert unter anderem an der problematischen Massstäblichkeit des Volumens auf der Hofseite und am Leonhardsgraben. Die Fassade zum Leonhardsgraben überzeugt in ihrem architektonischen Ausdruck nicht. Der versteckte Eingang entspricht nicht der Grosszügigkeit des Stadtfoyers. Die terrassierten Aussenflächen über der Bibliothek sind nicht hindernisfrei angelegt und erschweren die Durchwegung des Campus. Sie sind grösstenteils unterkellert und leisten keinen Beitrag zur Biodiversität. Das Beurteilungsgremium vermisst bei diesem Beitrag ein übergeordnetes Prinzip und eine strukturelle Identität. Das «Stadtfoyer» hat zwar unbestrittene Qualitäten, stellt aber gleichzeitig auch eine Hürde für den Zugang zum Campus dar. Anstelle des devoten Auftritts am Leonhardsgraben hätte sich das Beurteilungsgremium eine selbstbewusstere Präsenz als öffentliches Gebäude gewünscht.

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